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aus: Die Norddeutsche 28.05.2012
Die Norddeutsche vom 09.04.2020
Die Schwanewederin Anja Klaps wurde mit 582 Ringen Landesmeisterin im Kleinkaliber-Liegendschießen. (Christian Kosak)
Manchmal werden Träume war. So geschehen bei Anja Klaps vom Schützenverein Schwanewede. „Ich habe im vergangenen Jahr geträumt, dass ich mit
582 Ringen Landesmeisterin im Kleinkaliber-Liegendschießen werde“, sagt die 49-Jährige. Genau so kam es dann schließlich auch.
Bis es so weit war, floss aber noch viel Wasser die Weser herunter. Nachdem Anja Klaps am Vormittag geschossen hatte, traten noch zahlreiche
ernstzunehmende Konkurrentinnen bei den Damen II an. Dies stellte ihre Begleitung, Klubkollege Michael Junker, auf eine harte Bewährungsprobe.
Den hatte Klaps direkt von dessen Arbeitsschicht abgeholt. Als dann die amtierende deutsche Vizemeisterin Ulrike Budde vom SV Stoppelmarkt auflief,
wäre der Schwanewederin beinahe das Herz in die Hose gerutscht.
„Es wurde immer enger für mich“, erinnert sich Anja Klaps an den Moment zurück. Ulrike Budde kam dann ebenfalls auf 582 Ringe, wies aber die
schlechtere letzte Serie als Anja Klaps auf. Klaps habe auf der Rückfahrt ihr Grinsen in Anbetracht ihrer Goldmedaille gar nicht mehr aus dem Gesicht
bekommen. Interessanterweise löste Anja Klaps bei jenen Landesverbandsmeisterschaften Sabine Brunstein vom Blumenthaler SV auf einem Stand ab,
die in einer anderen Altersklasse ebenfalls 582 Ringe erzielte.
„Ich war zwar auch schon mal Vize-Landesmeisterin im KK-50-Meter-Auflage-Wettbewerb geworden. Aber dieser Erfolg geriet dabei völlig in den
Hintergrund“, schwärmt Anja Klaps noch heute. Sie habe auch davon profitiert, in Schwanewede mit Volker Wallrabe und Michael Junker von den
„Besten“ gelernt zu haben. „Ohne den SV Schwanewede wäre ich sportlich niemals so weit gekommen“, berichtet Klaps. Ihr KK-Liegend-Triumph
bedeutet der Briefzustellerin deshalb so viel, weil sie die Disziplin nach Anfängen in der Jugendzeit erst vor vier Jahren wiederentdeckt hatte.
Die Landesverbandsmeisterschaften im Jahre 2017 verpasste Anja Klaps, da ihr jüngster Sohn Milan Welzel Jugendkönig beim Ritterhuder SV
geworden war – dieser tritt mittlerweile für den Meyenburger SV an. Im Jahr darauf verpasste Klaps dann im Land nur um drei Ringe die Qualifikation
für die deutschen Meisterschaften. Die DM-Quali holte sie im Jahre 2019 nach. „Mit 577 Ringen und Platz 13 habe ich mich in München auch nicht
blamiert“, stellt die dreifache Mutter fest.
Anja Klaps war 36,5 Jahre Mitglied beim Ritterhuder SV. Ihre mittlerweile verstorbenen Eltern Dieter und Ingrid Ewald waren jeweils Sportleiter in
Ritterhude. Ihre Cousins Holger Ewald (Vorsitzender) und Thorsten Ewald (Sportleiter) bekleiden immer noch wichtige Ämter beim Ritterhuder SV.
Angesichts des Engagements der Familie im Schießsport konnte es Anja Klaps als Kind gar nicht erwarten, auch dem Verein beizutreten.
„Meine Eltern wollten aber, dass ich erst so groß bin wie ein Gewehr, ehe ich auch zum Schießen darf“, informiert die 49-Jährige. Nachdem sie sich
einige Jahre ohne Erfolg zum Vergleich neben das Gewehr der Mutter gestellt hatte, war es dann im Jahre 1979 endlich so weit. Anja Klaps hielt dem
Verein sogar die Treue, als sie im Jahre 1986 für 17 Jahre in die Nähe von Hamburg nach Schleswig-Holstein zog. Dort absolvierte sie eine Ausbildung
zur Gärtnerin mit der Fachrichtung Baumschule und arbeitete auch im Anschluss als „Baumschuler“. Sie bekam drei Söhne, Jascha, Jörn und Milan.
„1993 war ich mit meinem ersten Sohn Jascha alleinerziehend und konnte schlecht von meinem Beruf als Gärtnerin leben“, lässt Klaps wissen. Folglich
begann sie eine neue Ausbildung bei der Post und arbeitete dort zunächst am Schalter. „Das war für mich besser mit der Familie zu vereinbaren“, sagt
Anja Klaps. Später wechselte sie in den Zustelldienst und zog im Jahre 2003 auch zurück nach Ritterhude. Nun ist sie sechs Tage in der Woche mit
einem VW-Bus unterwegs und verteilt in Stendorf die Post.
Vor fünf Jahren lernte Anja Klaps ihren jetzigen Mann Josef Klaps kennen. „Als wir zusammenkamen, wollte ich eigentlich im Schießsport
kürzertreten, damit wir mehr Zeit miteinander verbringen können“, so Anja Klaps. Stattdessen trat Josef Klaps ebenfalls dem SV Schwanewede bei, zu
dem seine spätere Frau gerade aus Ritterhude gewechselt war. „Unser Vorsitzender Bernd Wallrabe hat Josef beim Bezirkskönigsball ein
Beitrittsformular herübergeschoben, das der auch sofort unterschrieb“, berichtet Anja Klaps. Nun bekommt Josef Klaps seine Frau häufiger zu sehen.
Diese verbringt in den Kleinkaliber-50- und 100-Meter, Luftgewehr- und Zimmerstutzen-Auflage-Wettbewerben sowie in den KK-Liegend- und 300-
Meter-Großkaliber-Diszplinen viel Zeit auf dem Schießstand. „Auch ohne Training bin ich ständig beim Schießen“, sagt Anja Klaps.
Die Corona-Pandemie hat aber auch im Schießsport derzeit alles zum Erliegen gebracht. „Ich habe mich zunächst gefragt, was ich nun bloß mit meiner
vielen freien Zeit machen soll“, verrät die stellvertretende Sportleiterin des SV Schwanewede. Dann habe sie sich aber daran erinnert, dass noch 300
ungelesene Bücher auf sie in den Regalen warten. „Außerdem habe ich einen Hund und bin schließlich frisch verheiratet“, erklärt Anja Klaps. Im Juli
des vergangenen Jahres fand die Hochzeit statt. Ende Mai hätte es nun wieder etwas zu feiern gegeben. Die große Feier anlässlich ihres 50.
Geburtstages in der Ritterhuder Schützenhalle ist aber erst einmal abgesagt worden. Der Großteil der Landesverbandsmeisterschaften sowie die
komplette DM sind auch bereits abgeblasen worden.
„Ich denke, dass es das für uns Schützen in diesem Jahr schon war“, befürchtet Klaps ein verlorenes Jahr. Einen Tag vor der großen Coronavirus-Pause
habe sie noch Trophäen für ein Nachtpokal- und das Frühjahrsschießen besorgt. Im nächsten Jahr steigt Anja Klaps gemeinsam mit Michael Junker, den
sie bereits aus ihrer Zeit in Ritterhude kennt, in die nächste Altersklasse auf. Zurück bleibt dann Volker Wallrabe.
„Wir brauchen also einen dritten Mann oder eine dritte Frau“, so Anja Klaps. Ihr zuliebe habe sich Michael Junker für ein LG-Auflage-Team zur
Verfügung gestellt. „Dafür musste ich dann beim Großkaliber-Schießen mitmachen“, sagt die stellvertretende Bezirks-Jugendleiterin. Vor einigen Jahren
hatte sie noch ans Karriereende gedacht.
„Ich wollte eigentlich aufhören, wenn ich 300 von 300 möglichen Ringen in der LG-Auflage schieße“, so Klaps. Nachdem ihr dies gelungen sei, habe
sie aber von der Einführung der Zehntel-Wertung erfahren.